Freitag, 19. August 2011

Gefunden!

 
Bei jeder Reise, die man antritt, versucht man sich im Vorhinein eine Vorstellung davon zu machen, was einen erwartet. Man hat bereits Momente im Kopf, die man gerne erleben möchte und Bilder von Orten vor dem inneren Auge, die man gerne finden möchte.
Der Algonquin Provincialpark liegt ca. drei Stunden nördlich von Toronto. Eine aus tausenden von Seen bestehende Bilderbuchlandschaft im Herzen Ontarios. Schon wenn man mit dem Auto durch den Park fährt, kommt es einem vor, als wäre man komplett vom Wasser eingeschlossen. Es besteht gar kein Zweifel, die wilde Natur ist das Zuhause von zahlreichen Tieren, die wir gerne zu Gesicht bekommen möchten. Mit erhöhter Aufmerksamkeit, vor allem bei der Beifahrerin, sind wir auf dem Rückweg von einer kleinen Wanderung als wir unweit der Strasse plötzlich zwei Elche sichten. Weder Mutter noch „Kalb“ lassen sich durch unsere Anwesenheit stören und wir können sie bei der Futtersuche im Unterholz beobachten.
Was bietet sich bei diesem riesigen Wassersystem besser an als eine Kanutour. Wir packen unsere Rucksäcke und tauschen unseren fahrbaren Untersatz für zwei Tage gegen einen schwimmenden. Das Kanu bringt uns ins „Backcountry“ des Parks, wo wir uns nach einigen Stunden gemütlichen  Paddelns einen Platz zum Zelten am Seeufer aussuchen. Schnell haben wir unser Zelt aufgebaut und Feuerholz für den Abend gesammelt. Meine Versuche uns das Nachtessen aus dem See zu fischen missglücken fürs erste Mal, es scheint ich muss noch ein bisschen an meiner Technik feilen. Nun gibt es halt nur eine Pfanne voll Reis, welcher aber dank unserem grossen Hunger ausgesprochen gut schmeckt. Auch ein heftiges Gewitter in der Nacht verdirbt uns unser erstes richtiges Kanada-Erlebnis keineswegs, am Morgen darauf haben sich die dicksten Wolken bereits verzogen und wir kommen trocken an unseren Ausgangspunkt zurück.

Der nächste Naturpark lässt nicht lange auf sich warten, der Lake Superior ist unser nächstes Ziel. Der Provincialpark erstreckt sich über hundert Kilometer am Ostufer des grössten Süsswassersees der Welt. Sitzt man am Strand kommt man sich vor wie in der Toskana. Auf dem Campingplatz hinter uns spenden die Pinien Schatten und bieten den ewig zirpenden Grillen ein Zuhause. Der Sand hat sandige Abschnitte wie am Mittelmeer und versucht man am Horizont Land zu erkennen, ist man chancenlos. So geniessen wir am Strand des Lake Superior, mit je einem Bier in der Hand, unseren ersten romantischen Sonnenuntergang in Kanada.

Schon am darauffolgenden Tag zieht es uns wieder in die Wildnis. Entlang der Küste (des Seeufers) erstreckt sich der 48km lange „Coastel Trail“. Wir entschliessen uns in zwei Tagen einen 24km langen Abschnitt zu begehen. Der Weg führt abwechslungsweise über wunderschöne Buchten und durch Waldabschnitte im Hinterland. Die Natur ist hier vollständig sich selbst überlassen, die von Moos und Flechten überwachsenen morschen Baumstämme, die überall quer in der Landschaft stehen, lassen die Szenerie manchmal wie in einem Märchen erscheinen.
Wir suchen uns schliesslich unsere eigene Bucht aus, um unser Zeltlager aufzuschlagen. Leider gibt es wieder keinen auf dem Feuer zubereiteten Fisch, aber ich werde noch nicht aufgeben und mein Glück ein andermal wieder versuchen.
Die zweite Tagesetappe stellt sich als weitaus schwieriger heraus als  die erste. Gespickt durch einige Kletterpartien über die Felsen an der Küste und wiederkehrendem Nieselregen ist der Weg kräfteraubend. Müde und erschöpft kommen wir nach sechs Stunden am Ziel an und sind froh gleich jemanden zu finden, der uns zurück zu unserer Babsi bringt.

Auf unserem Weg in den Norden machen wir ausserdem auf einer Farm in Südontario halt. Wir haben uns etwas überfallmässig auf einen Besuch bei Familie Albrecht angemeldet. Trotz der geforderten Spontaneität werden wir sehr herzlich empfangen und dürfen einen schönen Abend zusammen verbringen. Am folgenden Morgen zu sehen und zu hören, was sie sich über die Jahre aufgebaut haben, ist schwer beeindruckend.

So, wir haben heute noch weitere fünfhundert Kilometer vor uns und sollten langsam los.
Uns geht es ausgezeichnet!

Steffi und Stef

PS: Am letzten Montag haben wir ganz besonders an Euch gedacht.

Sonntag, 7. August 2011

Vollzählig

 
Etwas ausserhalb von Washington steigen wir im Hotel ab, wo Marco an einem Kongress teilnimmt. Rund um das Resort herum, gibt es nicht allzu viel zu sehen und zu erleben, darum geniessen wir vor allem die Sonne und die Liegestühle. Nach 3 Tagen hat auch Marco Urlaub verdient und wir wechseln ein zentral gelegenes Hotel, wo wir zudem Laura treffen, Marco’s Kollegin aus Florida. Washington bietet für Museumsliebhaber unglaublich viel. Tagelang könnte man durch die Museen, Ausstellungen und Attraktionen streifen. Überall ist der Eintritt frei und die Massen von Touristen werden hervorragend organisiert durchgeschleust. Wir besuchen das Capitol, die riesigen und reich verzierten Hallen sind atemberaubend. An diesem Tag reicht es zeitlich nur noch um in den „National Archives“ die berühmten Dokumente „Declaration of Independence“, „Constutition“,  „The Bill of Rights“ und die Magna Carta zu besichtigen. Denn schon am darauffolgenden Tag, so erfahren wir kurzfristig am Telefon, können wir unseren Bus in Baltimore abholen.
 

 
Der lang erhoffte Tag bricht früh an. Der Wecker reisst uns vor 5 Uhr aus den Federn und wir machen uns auf die einstündige Fahrt nach Baltimore. Wir sind nervös und aufgewühlt, hoffen auf ein problemloses Einführen unserer Babsi und sind gleichzeitig froh, sie bereits heute und nicht erst nach dem Wochenende in Empfang nehmen zu können.
Der Weg zum Spediteur im Hafen Baltimores ist umständlich. Vor allem jedoch aus dem Grund, weil wir gerne die günstigste Variante hätten. Ob uns das geglückt ist, wissen nur die Götter (und die Transportunternehmen). Um halb 9 kommen wir an und haben den Papierkram innert Minuten erledigt. Weil nur eine Person mit dem hafeninternen Escortservice mitfahren kann, sitze ich nun  vor dem Gebäude und warte…
…ich lese, obwohl ich nach ein paar Seiten nichts mehr weiss…
…ich schaue den Leuten zu,  die gerade ihre Pause machen…
…ich höre, ob ich den Motor Babsis schon hören kann…
…ich kaue Kaugummi wie wild, um die Nervosität zu überbrücken…
…ich sehe Richtung Strasse um den roten VW möglichst schnell zu entdecken…
…ich warte sogar darauf, das WC zu suchen, denn ich möchte die Ankunft nicht verpassen.

Kurzum ich sitze zwar auf einer Holzbank, doch es fühlt sich an wie ein Nadelhaufen! Und plötzlich ertönt ein Hupen und Babsi mit breitgrinsendem, gutaussehendem Fahrer biegt um die Ecke. Gross ist die Freude, dass alles reibungslos geklappt hat und der Innenraum unangetastet scheint.
Wir fahren auf der Interstate 95 zurück nach Washington, wo wir noch einen weiteren Tag mit Marco und Laura verbringen. Das Gefühl von Freiheit ist unbeschreiblich, noch viele Tage werden wir sie hoffentlich geniessen können. Gleichzeitig fühlen wir uns beinahe wie zu Hause, da die eigenen vier Wände und vier Ränder nun mit auf der Reise sind.
Waving to Lazlo ;-)