Mittwoch, 22. Februar 2012




Tag 24 in Myanmar (Birma), zum vierundzwanzigsten Mal scheint uns schon frühmorgens die Sonne ins Gesicht. Wir sitzen auf der Terrasse unseres Bambusbungalows, geniessen die frische Meerbrise und versuchen die Eindrücke der letzten drei Wochen zu verarbeiten. Ich glaube kaum, dass es auf der Welt ein zweites Land wie Birma gibt. 


Nach dem zweiten Weltkrieg konnten sich die Birmesen von der Besatzung der Japaner und der Vorherrschaft der Engländer befreien und wurden unabhängig. Die erstrebenswerte Freiheit von der Tyrannei hielt nicht lange an, schon bald riss General Ne Win die Macht an sich und richtete die Wirtschaft des Landes in über 30 Jahren Herrschaft zu Grunde. Mit den freien Wahlen 1990 trat die „National League for Democracy“ und ihre Anführerin Aung San Sue Kyi auf die politische Bühne des verarmten Landes. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 90% eroberten sie die Mehrheit im Parlament und eine grosse Wende schien dem Land bevorzustehen. 

Kurzerhand erklärte die Militärregierung die Wahlen als ungültig, verfrachtete die gewählten Abgeordneten ins Gefängnis und auferlegte einen Hausarrest gegen Aung San Sue Kyi. Über zwanzig Jahre später wird das Land noch von denselben skrupellosen 21 Generälen regiert und die vermeintliche Präsidentin hat die meiste Zeit isoliert in ihrem Haus verbracht. Druck durch die internationale Gemeinschaft, der UNO und strenge Wirtschaftssanktionen haben das Regime nicht dazu bewogen einen ehrlichen Schritt in Richtung Demokratie zu gehen. Wahlen werden gnadenlos gefälscht und das Volk Birmas ist gefangen im eigenen Land. Mit beeindruckender Disziplin und Selbstlosigkeit kämpfen „Tante“ Sue Kyi und ihre Mitstreiter noch immer gewaltlos gegen das Regime. Für den kommenden April wurde Sue Kyi die dritthöchste Position in der Regierung in Aussicht gestellt, zweifellos wird sie die Wahl gewinnen, ob sie den Posten auch antreten darf und über eine gewisse Macht verfügen wird, ist jedoch fragwürdig. 


Ein breites ehrliches Lächeln überall wo man hinschaut, erfreute Gesichter und zum Teil fast enthusiastische „Hello“, „bye bye“ und „Mängelaba“ Rufe erwarten einen bei der Reise durchs Land. Noch nie haben wir derart liebenswürdige Menschen angetroffen. Die Neugier an den immer zahlreicher eintreffenden „Langnasen“ ist gross und die wenigen Brocken Englisch werden stolz präsentiert. Jegliche Luxusgüter sind für die Einheimischen unerschwinglich oder unerreichbar, weil sie nicht ins Land importiert werden können. Trotzdem ist ihre positive Einstellung zum Leben beeindruckend und wir alle könnten uns eine Scheibe von ihrer Bescheidenheit und Lebenslust abschneiden. 

Noch nie reisten so viele Touristen nach Myanmar wie in diesem Jahr. Entsprechend sind die Preise für Hotelzimmer in die Höhe geschossen und es ist teilweise schwierig überhaupt eine Unterkunft zu finden. Die Infrastruktur für den eintreffenden Boom ist schlichtweg noch nicht vorhanden und es wird sich zeigen, ob die übermässig starke Zunahme an Touristen für eine positive Entwicklung im Land sorgt. Zweifellos strahlt es einen einzigartigen Reiz aus und birgt ein riesiges kulturelles und natürliches Potential. Wünschenswert für die Zukunft wäre, dass noch mehr Leute die Chance hätten vom ins Land fliessenden Geld zu profitieren und weniger in die Taschen des korrupten Regimes fliesst. 

Nun aber etwas konkreter. Morgens um 6.30Uhr besteigen wir den „Ordinary class“ Wagon des Zuges von Moulmein nach Bago. Die Mäuse kriechen zwischen den Holzbänken umher und ernähren sich an den zurückgelassenen Resten der letzten Passagiere. Schnell füllt sich der Zug und Passagiere breiten ihre Bambusmatten aus um sich zwischen den Bänken oder im Mittelgang nieder zu lassen. Verkäufer bahnen sich den Weg durch die verstopften Gänge und versuchen Früchte, Kaffee oder Reisgerichte an den Mann zu bringen. Nach neun Stunden treffen wir im Zwischenziel ein und sind wir froh uns von den Holzlatten erheben zu können. Die drei Stunden Wartezeit nutzen wir für einen schnellen Imbiss und einen Rundgang. Der anschliessende Nachtbus bringt uns ein gutes Stück nach Norden und entlässt uns um 3.00 Uhr morgens in die Dunkelheit von Meitila. Wir haben Glück, schon 2 ½ Stunden später fährt der Bus nach Kalaw. Nach weiteren sechs Stunden in einem aus den 60ern stammenden japanischen Bus, treffen wir in unserem Ziel ein. 

Zu Fuss meistern wir die Reiseetappe vom Hochland des Shan Staates zum Inle See. Über schönes Hügelland, vorbei an verschiedenen Bergdörfern unterschiedlicher Völkergruppen wandern wir drei Tage über die die Felder der Pa-Ho und Inta. Übernachtet wird in Holzhütten der Einheimischen und in einem buddhistischen Kloster, gekocht wird traditionell auf dem Feuer und gegessen ausgezeichnet. Am Inle See entdecken wir die scheinbar auf dem See schwimmenden Gärten und mit dem Bein rudernde Fischer. Im Leben der Inta dreht sich alles um den See und wir erleben eine romantische und einzigartige Weise mit und an einem Gewässer zu leben. 


Schon im 11. Jahrhundert entstand in Burma eines der mächtigsten Königreiche Südostasiens. In der damaligen Königsstadt Bagan errichteten die Herrscher über Jahrhunderte tausende von Pagoden und Tempel zur Huldigung Buddhas. Noch heute existieren, verteilt über 40km2, über 2000 dieser historischen Bauwerke. Der Blick über das Pagodenfeld von Bagan wird vor allem bei Sonnenuntergang zu einem unvergesslichen Erlebnis. 



Ein weiteres Land in Südostasien hat unser Herz gewonnen und wir kehren garantiert zurück.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen